Skip to main content

Des Erinnerns wert Hildegard Ellenbeck (1895-1974) – Bundesvorsitzende von 1948 bis 1965

|   Aktuelles

Nach dem Ausscheiden von Meta Eyl im Juli 1947 übernahm zunächst ein Kuratorium kommissarisch die Leitung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes unter Führung von Hildegard Ellenbeck. Sie wurde dann auf der ersten ordentlichen Mitgliederversammlung nach dem Zweiten Weltkrieg Anfang Oktober 1949 in Bielefeld einmütig zur Vorsitzenden gewählt. Damals änderte der Verband seine Struktur und trennte die Verbandsführung in einen ehrenamtlich tätigen Vorstand und eine Geschäftsstelle unter der Leitung einer Bundesgeschäftsführerin.

In den Tagen in Bielefeld feierte man auch das 50-jährige Bestehen. Die Vorträge und die Festpredigt des Landesbischofs D. Hanns Lilje wurden in einer kleinen Festschrift 'Wir hörten den Ruf' publiziert. In ihr wies Hildegard Ellenbeck zunächst auf die Anfänge hin, beschrieb dann die Entwicklung über die Jahrzehnte und kam dann auf die gegenwärtige und zukünftige Situation zu sprechen. Dabei machte sie sehr eindrücklich deutlich, warum weiterhin ein übergemeindlich arbeitender Verband nötig sei.

Gewiss sei, so führte sie aus, der Zwang zur Bibelarbeit während der Zeit des Dritten Reiches ernst zu nehmen für die Vertiefung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes gewesen und habe das 'Überwintern' möglich gemacht, „doch das ihm Eigentümliche konnte sich nicht fortentwickeln und wurde unterdrückt. So wenig das an den Menschen, sondern an den Verhältnissen lag, und so sehr diese Zeit neue Kräfte weckte, so litt der Deutsch-Evangelische Frauenbund in seiner Struktur. Menschen und Verbände lösten sich, der Aktionsradius musste sich mehr und mehr verringern. Andere nicht so sehr von der Tradition auf einen bestimmten Weg gewiesene Frauenkreise in der Kirche hatten mittlerweile Boden gewinnen können und wiesen einen bestimmten Weg mit anderen Zielen.“ So habe sie, als sie im Jahr 1948 den Vorsitz übernahm, neben vielen guten Wünschen mindestens ebenso viele sie bedauernde Gedanken und Ratsschläge mit auf den Weg bekommen:

„Lösen Sie ihn auf, wir haben die Gemeindefrauen, die machen alles, er ist überflüssig, überaltert nach Inhalt, Form und Mitgliedern. Es gibt keine kirchlichen Vereine mehr.“

So standen die guten Geister der Vergangenheit und der Gegenwart und die kritischen Stimmen gegen einander und waren Anlass zu ihrer Ortsbestimmung für Gegenwart und Zukunft, die sie unter folgende Überschrift stellte: Gabe und Aufgabe des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, ein Angebot der Liebe Gottes?

Das Fazit ihrer Rückschau auf die Anfänge formulierte sie in jenen vier Punkten, die 1899 zur Gründung geführt hatten und auch 1949 noch galten (s. def aktuell Juli 2020, S.5). So wie vor 50 Jahren der DEF das Gespräch mit der Welt begonnen habe und die evangelischen Frauenkräfte frei gemacht habe und 'in strömende Bewegung' gebracht, so nehme man „in unserer Weise und in unserer Zeit das Gespräch, das nie abgerissen ist, wieder neu auf. Die Aufgabe ist unweit schwerer. Es wird sich die Existenz unseres Seins für die Zukunft nicht nur daran entscheiden, ob wir uns bereiten lassen durch den, der uns allein bereiten kann.“

Für Hildegard Ellenbeck selbst war die Entscheidung längst gefallen, wie es der Vers, den sie an den Schluss ihrer Ausführungen stellte, zeigt. Es war die zweite Strophe des Liedes 'Herzlich lieb hab ich dich, o Herr' von Martin Schalling (1532 – 1608), Pfarrer in Nürnberg und Anhänger Philipp Melanchthons.

Es ist ja, Herr, Dein Geschenk und Gab' /

Mein Leib und Seel' und was ich hab' /

In diesem armen Leben. /

Damit ichs brauch zum Lobe Dein, /

Zu Nutz und Dienst des Nächsten mein, /

Wollst mir Dein Gnade geben.

Bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand 1966 war Hildegard Ellenbeck neben der Berufstätigkeit als Leitende Fürsorgerin im Johannesstift in Berlin-Spandau ehrenamtliche Vorsitzende des DEF und ab 1952 zudem Vorsitzende der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland. Sie setzte sich vor allem für die Beziehungen zu Frauen in der DDR und für die ökumenische Arbeit ein. Auf zahlreichen Auslandsreisen knüpfte sie Kontakte zu Frauen in anderen Ländern, etwa bei der Teilnahme an Tagungen des Lutherischen Weltbundes in Minneapolis, der Weltkirchenkonferenz in Evanston und der ersten großen lutherischen Weltkonferenz für Innere Mission und soziale Arbeit in Springfield.

Sie setzte sich für die Verbreitung des Weltgebetstags der Frauen ein, der bald in allen Landeskirchen begangen wurde. Ferner arbeitete sie zusammen mit der Geschäftsführerin des DEF, Dr. Ilse Haun, bei mehreren Kirchentagen mit. „Besonders zu vermerken sei“, so Gertrud Kappeller in der Festschrift zum 75. Bestehen des DEF, „daß sie 1959 erstmalig einen Bericht über die Aufgabe der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland vor dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland geben konnte.“

In ihre Amtszeit fallen viele Aktivitäten besonders in der Mitarbeit bei neuen Gesetzestexten und in vielen Gremien im öffentlichen und kirchlichen Bereich. Auf zwei neue Arbeitsgebiete sei besonders hingewiesen: die 1953 gegründete Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Hausfrauen und den 1960 entstandenen Evangelischen Rundfunkdienst in Bayern. Beide Gebiete waren Arbeitsgemeinschaften der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland bzw. in Bayern, deren Federführung dem DEF übertragen wurde.

Es waren Aufbaujahre, in denen vieles erneut aufgenommen, anderes wie Eheberatungsstellen oder Telefonseelsorge hinzugekommen war. Weiterhin griffen auch die Ortsverbände neue Initiativen auf, so vor sechzig Jahren der Ortsverband Hamburg-Harburg nach der Sturmflutkatastrophe oder im gleichen Jahr der Ortsverband Karlsruhe, Hilfe für Familien mit durch Contergan geschädigten Kindern anbot zu einer Zeit, als diese von öffentlichen Stellen noch keine Unterstützung erhielten.

So positiv insgesamt die Bilanz auch war, es gab durchaus auch problematische Entwicklungen, wie sie Gertrud Kappeller ausnehmend kritisch benennt, wenn sie ausführt: „Es wurden Arbeiten, die der DEF oft modellartig aufgegriffen hatte, im Laufe der Jahre von kirchlichen, kommunalen oder anderen öffentlichen Stellen als wichtige Aufgaben 'entdeckt' und von Fachleuten und mit unverhältnismäßig höheren finanziellen Mitteln in größerem Stil weitergeführt. Es fiel nicht immer leicht, Arbeitsgebiete, die unter Mühen aufgebaut worden waren, in andere Hände zu übergeben. Aber eingedenk des von der Inneren Mission übernommenen Grundsatzes, 'in den Riß zu springen', auf notwendige Aufgaben aufmerksam zu machen und diese dann eventuell auch wieder abzugeben, hat der Verband diese Entwicklung als zu seinem Auftrag gehörend verstanden.“

Unter diesen Arbeitsgebieten, die nun auch von kirchlichen Stellen aufgegriffen und als neu und nun plötzlich wichtig dargestellt wurden, waren auch einige, die früher dem DEF wenig Sympathie eingebracht hatten, z. B. das Eintreten für die Ziele der Frauenbewegung, insbesondere für die gleichberechtigte verantwortliche Beteiligung der Frau an Aufgaben in Kirche und Gesellschaft, die Einführung staatsbürgerlicher Lehrgänge für Frauen und die Notwendigkeit der Erwachsenenbildung, der Einsatz für ledige Mütter und uneheliche Kinder oder Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch planten.

Insgesamt machte auch diese Zeit des Neubeginns immer wieder eine Anpassung an die veränderten gesellschaftlichen Herausforderungen nötig und brachten neue Verantwortlichkeiten für die Arbeit des Verbandes.

Halgard Kuhn

Zurück
Hildegard Ellenbeck 1954 bei der Eröffnung Haus Eilenriede, Quelle AddF