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SPRUCH des Monats Mai

|   Besinnung

AN (GE) DACHT…

„Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“

Bergpredigt, Matthäus Evangelium, Kapitel 5,9

In der letzten Woche war ich im Kloster Loccum bei Hannover zu einem Seminar - zwanzig Frauen (Pastorinnen im Ruhestand), die sich Gedanken gemacht haben über ihre Rolle in der Kirche und für Kirche und Gesellschaft. Eine bunte Runde mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen. Das Besondere war, dass wir einander zuhören konnten, unsere Verschiedenheit verstehen wollten und ein gemeinsames Ziel hatten: nämlich eine geschwisterliche Kirche zu gestalten. Diese persönliche und konstruktive Arbeit wurde eingebettet in eine wunderschöne Umgebung des Klosters: Ruhepausen in der Natur, zartes frisches Grün, wärmende Sonne, Vogelgezwitscher - ein Geschenk für die Seele.

So reich beschenkt plagten mich gleichzeitig die Gedanken an den Krieg in der Ukraine. Während ich es mir so gut gehen lassen darf, werden tausende Menschen in einem sinnlosen Krieg gemordet, müssen fliehen, verlieren alles, ihre Heimat und ihre Existenz wird mutwillig zerstört.

Ich fühlte mich ohnmächtig und hilflos. Was kann ich tun gegen diesen schrecklichen Krieg, dieses himmelschreiende Unrecht? Was können wir tun für die bedrohten Menschen?

Wir haben uns zusammen gesetzt und zunächst unsere Ratlosigkeit und unsere Wut auf Putin geteilt. Dabei ist uns klar geworden, es ergeht uns wie den Jüngerinnen und Jüngern nach Jesu Tod. Auf dem Weg nach Emmaus spüren sie ihre ganze Ratlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Im Gespräch und in aller Traurigkeit und Verzweiflung sagt einer von ihnen: "Wir hofften, dass Jesusder sei, der Israel erlösen würde." Ja, sie hatten geglaubt, dass Jesus das Reich der Gerechtigkeitaufrichten würde. Nun war alles zusammengebrochen.

Ja, solch ein Gefühl hatten wir auch - Hatte unser Glaube auf ein friedliches Miteinander uns so getrogen? Wir haben uns doch Jahrzehnte lang für einen Weg des 'Frieden schaffen ohne Waffen'eingesetzt. Wir haben geglaubt, dass Respekt und Achtung füreinander zu mehr Gerechtigkeit und Frieden führt. Gewaltfreie Kommunikation - die anderen lächeln über uns und halten uns nur für naiv. Und alle reden nur noch von mehr Waffenlieferungen.

Die Geschichte von Emmaus lässt mich hoffen, dass wir Ratlosigkeit aushalten können, wenn wir sie miteinander aushalten, wenn wir uns gegenseitig beistehen, wenn wir unseren Blick auf Gott richten. Auch wenn wir mit unserem Weg der Verständigung ohne Waffengewalt gescheitert sind, so bleibt uns doch der Glaube, dass dies trotzdem der richtige Weg ist und wir weiterhin daran festhalten wollen. Scheitern heißt nicht aufzugeben. Scheitern heißt neu anfangen. Das Scheitern annehmen, schenkt die Kraft weiter nach dem richtigen Weg zu suchen und unsere Fragen vor den Gott zu bringen, der uns den Weg zum Frieden vorgelebt hat.

"Wir hatten gehofft, dass Jesus der sei, der unsere Welt erlösen würde". - Da ist sie immer noch: die Hoffnung auf Frieden und Erlösung. Mit Gott reden, beten, fragen, verzweifeln, wüten, weinen, suchen, ringen - das ist kein Scheitern, darin steckt Kampf und Segen zugleich. Das stärkt mich und andere. Und der Glaube an die Kraft der Fürbitte schenkt mir die Hoffnung, dass in all dem Leid wir Menschen miteinander in Gottes Liebe verbunden sind.

Die Bibel erzählt uns: zu den ratlosen Jüngerinnen und Jüngern kam Jesus in deren Mitte und sprach: "Friede sei mit euch". Daran erkannten sie ihn. Ich möchte ihn auch daran erkennen und seinen Frieden weitergeben. "Friede sei mit euch", möchte ich rufen, weil ich die Hoffnung nicht aufgebe. Aber manchmal reicht es nur für die Bitte "Herr, erbarme dich".

Hella Mahler

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