Skip to main content

Besinnung für Oktober

|   Besinnung

Monatsspruch: 2. Korinther, Kap. 3- Vers 17-

„Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“

Dieser eine Satz aus dem Brief des Paulus an die noch junge Gemeinde von Christen in Korinth, ist der gedanklich herausragende im doppelten Wortsinn. Das Übrige besteht mehr oder minder nur aus seinem Lamento über diese Wankelmütigen und die Beschwörenden und gleichzeitig sich selbst als der wahre Apostel Christi darstellenden Sätze (man lese nach). Dafür gibt dieser einzige Satz bis auf unsere Tage allen Kirchentheoretikern und Philosophen (von den Staatstheoretikern ganz zu schweigen) eine harte Nuss zu knacken: Was ist „Freiheit“? Wie definiert man sie?

Paulus denkt und schreibt zunächst aus seiner Zeit heraus: Dieser Satz steht in kompromisslosem Kontext (ab Vers 7), durch den die Abgrenzung gegenüber die jüdische Gebundenheit an das Gesetz Mose geschieht: Erst Christus habe durch sein Dasein und Wirken auf der Erde für uns Menschen die F r e i h e i t bewirkt.

In der sakralen Kunst an mittelalterlichen Kirchen stehen sich denn die „S y n a g o g e“ mit verbundenen „unfreien“ Augen und die „Ecclesia“ mit Siegerlächeln gegenüber.

Aber Paulus ist auch überzeitlich in seiner Überzeugung, das Gottes G e i s t uns die Gelegenheit verleiht, das Christus uns mit Gott versöhnt hat.

Und so wenig, wie der Geist Gottes definierbar ist, ist F r e i h e i t definierbar. Sie definiert sich selbst.

Für Paulus ist sie Gnadengabe, die uns f r e i von irdischen Zwängen gemacht hat.

Martin Luther folgert daraus den ebenso nicht weiter begründbaren Grundsatz „Von der Freiheit eines Christenmenschen“:
-„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand Untertan“
(Das er den grundsätzlich damit verschränkten Zusatz anfügt: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan“, bleibt hier unberührt.)

Unserem Pauluswort möchte ich eine Reihe „weltlicher“ Worte zum Freiheitsproblem zum nachdenkenden Vergleich anfügen. Diese waren mir sofort präsent, als ich über seine mögliche Auslegung nachzudenken begann.

-         Freiheit? Ein schönes Wort, wer´s recht verstände! Was wollen sie für Freiheit? Was ist des Freiesten Freiheit? (Goethe, 4. Akt „Egmont“)

-         Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. (R. Luxemburg)

-         Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit“ (Leitideen der Franz. Revolution)

-         Artikel 2 und 5 des Grundgesetzes der BRD von 1949

-         Desgleichen noch in Artikel 8 und 9 der Verfassung der DDR von 1949, später nicht mehr

-         Der Mensch ist frei-und war immer in Ketten geboren. (Schiller, „Worte des Glaubens“)

F r e i h e i t ist Geistgabe Gottes - F r e i h e i t ist Naturgesetz – F r e i h e i t ist Menschenrecht.

Nur Diktaturen missachten oder verdrehen diese elementaren Wurzeln von F r e i h e i t – die paulinische und die der abendländische Geistesgeschichte.

 

Dietlinde Peter
(Vors. LV Niedersachsen)

Zurück