Es ist ein Kapitel über Verlorenes, das wiedergefunden wird, dieses 15. Kapitel des Lukas-Evangeliums: Ein Schaf ging verloren und wird wiedergefunden, ein Groschen wurde verloren und wiedergefunden, auch ein Sünder ging verloren. Zum Schluss wird uns ausführlich das Gleichnis vom verlorenen Sohn erzählt.
Wie gern habe ich in meiner Zeit als Lehrerin den Kindern davon erzählt, dass der Hirte sich für ein einziges Schaf auf den mühsamen Weg macht, es zu suchen. Wie groß die Freude bei den Kindern, dass es gefunden und heimgetragen wird. Manchmal fühlten sie sich hinein in diese Verlorenheit, ließen mich an ihren Ge-danken teilhaben und drückten ihre Freude in Worten, Bildern oder Gesten aus, wenn alles wieder gut war.
Die übergroße Freude beim Finden des Silbergroschens schien mir immer ein wenig übertrieben, aber trotzdem sehr beeindruckend. Viel eher konnte ich allerdings die herzliche Begrüßung des verlorenen Sohns nachvollziehen, die Begeisterung bei der Vorbereitung des Wiedersehensfestes. Freude wird sein über alles, was wiedergefunden wird. Ja, es ist wirklich schön und erleichternd, diese überraschende Freude beim Finden, beim Gefunden-Werden.
Ein Sünder, ein verlorener Mensch, der Buße tut, über den werden sich die En-gel Gottes freuen. Bin ich so ein verlorener Mensch? Kenne ich solch verlorene Menschen? Woran? Am Blick? An ihrer Körperhaltung? An der Stimme? Leiden sie unter ihrer Verlorenheit? Oder wissen sie gar nichts davon und leben unbeschwert in den Tag hinein?
Paulus hat es so ausgedrückt: Wir sind allzumal Sünder. Wir sind alle schuldig geworden. - Wir alle. Ich auch.
Ja, manchmal drückt mich das Gefühl, Falsches, Böses getan zu haben. Das Wort „Sünde“ geht mir dabei schwer über die Lippen. Es kommt mir so altmodisch, so altchristlich unterwürfig vor. An die „Sünde“ eines Neugeborenen will ich schon gar nicht denken.
Aber doch fallen mir Situationen ein, die mir nachgehen. Da war eine Gelegenheit, Gutes zu tun. Doch ich habe es versäumt. Aus Bequemlichkeit, aus Furcht, lächerlich zu wirken, aus mangelnder Entschlusskraft, aus Vergesslichkeit.
Neulich, die fehlerhafte Rechnung. Ich habe sie nicht korrigiert, sondern meinen Vorteil genutzt und die Sache auf sich beruhen lassen.
Auf Kosten anderer habe ich mich ausführlich, nicht immer nah an der Wahrheit, aber witzig über eine Bekannte geäußert und meine Zuhörer zum Schmunzeln gebracht. Anfangs ein gutes Gefühl.
Immer wieder schrecke ich davor zurück, jemanden zu verteidigen, habe ihn verurteilt, bevor sein Fehler bewiesen war, habe ins gleiche Horn geblasen wie alle, habe mich nicht offen zu meiner Überzeugung bekannt.
Es tut mir leid, dass ich so schwach war. Ich möchte Buße tun. Beim nächsten Mal möchte ich es besser machen. Großzügiger will ich sein, mutiger, uneigennütziger.
Und nun kann Freude sein. Freude vor den Engeln Gottes. Da ist ein Sünder, der Buße tut. Grund zur Freude. Grund zum Jubeln. Gott nimmt mich mit Freude an, so wie ich bin, in meinen schwachen und in meinen starken Tagen und Stunden. Das ist wirklich richtig schön, dass sich da jemand freut über mich, über dich, über alle, die Buße tun.
Sünde und Schuld sind abgewandt, im Frieden ist das Land.
Denn Gottes Heil erhellt die Welt, sein reicher Segen sie erfüllt,
von allem Fluch befreit, von allem Fluch befreit, von allem, allem Fluch befreit.
Er herrscht mit Wahrheit, Recht und Gnad und alle Völker sehn
den Ruhm seiner Gerechtigkeit und seiner Liebe Mächtigkeit,
die alle Welt erneut, die alle Welt erneut, die alle, alle Welt erneut.
(Aus Lied 0129, Freue dich, Welt, Kommt, atmet auf; Liederheft für die Gemeinde)
Christine Seichter, Altdorf
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