Skip to main content

SPRUCH des Monats April

|   Besinnung

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist auferstanden!

Lk. 24,1-12

das wäre der Text für den Frauengottesdienst zum Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt gewesen. Das Osterevangelium nach Lukas. Nun ist dieser Gottesdienst abgesagt, wie so vieles seit einem Jahr, coronabedingt.

Deshalb lade ich Sie ein, mit mir den Frauen zu folgen, die am Ostermorgen zu dem Grab eilen, in dem Jesus begraben wurde. Sie waren dabeigeblieben als er gekreuzigt wurde. Von Ferne haben sie alles mit angesehen, was auf Golgatha geschah, haben mit ihrem Herrn und Meister, ihrem Freund mitgelitten und am Ende unter seinem Kreuz gestanden. Ihr Jesus tot! Unfassbar! Nun wollen sie hingehen und dem Toten die Ehre geben. - 

Wir haben in dem hinter uns liegende Jahr erfahren, was das mit uns macht, wenn wir denen, die unter uns sterben, nicht nah sein können und nicht von ihnen Abschied nehmen dürfen. Nicht die Hand halten, kein Streicheln, kein letzter Kuss, keine Totenwache. Das einsame Sterben in den Krankenhäusern und Altenheimen ohne das Beisein der Angehörigen und die Beerdigungen im engsten Familienkreis ohne Freunde, Nachbarn und Kollegen, das sind für mich Corona-Begleiterscheinungen, die in der Seele wehtun. Wir können denen, die wir lieben, in ihren schwersten Stunden nicht nah sein, sind auf Distanz gehalten wie die Frauen in der Passion Jesu auf Golgatha. –

Der Sabbat, der sie wie in einer Totenstarre gehalten hat, ist vorüber. Endlich können sie ihrem Herzen folgen, zum Grab gehen und das tut, was sie immer tun, wenn einer ihrer Lieben stirbt: den Toten betrauern und beweinen, seinen Tod beklagen und ihrem Schmerz darüber freien Lauf lassen und seinen Leichnam salben. Rituale, die uns helfen, dem Tod zu begegnen.

Sie finden das Grab Jesu offen. Der Stein ist zur Seite gerollt, der Leichnam Jesu ist verschwunden.

Ist das nun eine letzte Demonstration herrschaftlicher Macht? Wollen sie ihn nicht nur töten, sondern ihn ganz und gar aus dieser Welt auslöschen, dass keine Spur seiner Existenz mehr bleibt und es keinen Ort der Erinnerung an ihn mehr gibt, nicht einmal dieses Grab?!

Was immer den Frauen im Grab Jesu widerfahren ist, bleibt ihr Geheimnis. Als Engelerscheinung haben sie es später beschrieben, als großes Licht, in dem ihnen aufging: Sie suchen Jesus als einen Toten, aber er ist im Leben! Sie glaubten, dass sein Leben mit ihnen mit seinem Tod endet. Aber sein Leben geht weiter, führt ihn über den Tod hinaus, um wieder eins zu sein mit Gott, und zurück mitten unter sie. Sein Wort hat der Tod nicht zum Schweigen gebracht. Gerade hier, auf der Schwelle zwischen Tod und Leben, in Jesu Grab, begegnet es ihnen und klärt für sie, dass dieses grausame Sterben, das ihnen das Herz zerrissen hat, zu s e i n e m Weg gehört. Wie grausam auch immer der Tod sein mag, er vermag nichts gegen das Leben, das sich in der Liebe Gottes gründet. Diesem Leben waren sie in Jesus begegnet und auf das hatten sie sich an seiner Seite eingelassen. Das wird weitergehen, wissen sie jetzt, dem setzt keine Macht der Welt ein Ende, auch mit Jesu Tod am Kreuz nicht. Er hatte ihnen Mut gemacht zum Leben. Jetzt nimmt er ihnen mit seinem Tod die Angst vor dem Sterben.

„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten. Er ist auferstanden!“

Als sie im Jüngerkreis erzählen, was sie erfahren haben, sagen die nur: „Ammenmärchen, Weibergeschwätz! Wir lassen uns die Realität nicht schönreden. Es ist, wie es ist!“ Und Petrus geht hin und sieht, das Grab ist leer. Realisten und Macher wie er brauchen andere Ostererfahrungen, handfestere. -

Es ist schwer, an das Leben zu glauben und Gottes Liebe zu vertrauen, wenn der Tod so überall und so schleichend lauert, wie gegenwärtig. Aber im Grunde ist es ja doch wie sonst auch. Die Nähe des Todes ist uns allen nur bewusster. Sie bestimmt unseren Alltag, macht sich breit in unseren Gedanken, sie legt sich lähmend auf unser Miteinander und verbreitet Angst.

Wie gut, dass wir gerade jetzt wieder die Osterbotschaft hören, dass Gott dem Tod die Macht genommen hat und uns in Jesus das Leben in seinem unvergänglichen Wesen gezeigt hat, weil es aus seiner Liebe wächst. Denen, die ihr Herz für die Osterbotschaft öffnen können, wird sie Mut machen und Hoffnung schenken, einen langen Atem und Geduld für die Achtsamkeit, die wir alle jetzt brauchen. Freuen wir uns ruhig schon darauf, dass wir uns wieder begegnen werden, uns umarmen, wenn wir uns sehen, gemütlich zusammenrücken und bei Kaffee oder Tee ins Erzählen kommen und dabei die Zeit vergessen, wir uns im Konzert begegnen oder mit den Kindern ins Kino gehen, der Literaturkreis wieder stattfindet und Telefonketten eigentlich nicht mehr nötig sind, weil unser Alltag selbst wieder reich an Kontakten ist.

Am Ende wird das Leben stärker sein als alles, was es zu zerstören vermag.

Suchen wir also den Lebenden im Leben!

Ulrike Börsch
Bundesvorstand

Zurück
weggerollter Stein vor Grabhöhle
Foto: Ben Burton / Pixabay